Gebildete Gedanken

Was genau verstehen wir eigentlich unter dem Begriff Bildung? Ein Versuch, das Bild dieses Begriffs gedanklich etwas weiter auszumalen.    

Manchmal bilden sich in meinem Kopf einige, so bilde ich mir zumindest ein, interessante Gedanken. Gedanken, die sich beispielsweise fragen, was zum Beispiel hinter dem Wort Bildung steckt. Denn, auch wenn wir den Begriff schon hundertfach gehört haben, was genau verstehen wir eigentlich darunter? Oder anders gefragt: Welche Bilder bilden sich in unserem Kopf, wenn wir an das Wort Bildung denken?

Der Grund für meine bis hierhin metaphorischen, also bildlich gesprochenen Formulierungen rund um das Wort Bildung liegt mitunter an meiner Freude an dessen Ursprung. Es entstammt nämlich dem althochdeutschen Begriff „bildunga“, was ursprünglich sowohl «Bild», «Abbild», «Ebenbild» (imago) und «Nachbildung» (imitatio), als auch «Gestalt» (forma) und «Gestaltung» (formatio) meint.

Ein weiterer interessanter Fakt: In der jüdisch-christlichen Tradition wurde der Begriff Bildung insofern interpretiert, als dass der Mensch die Aufgabe habe, sich im Denken, Fühlen, Wollen und Handeln als Ebenbild Gottes herauszubilden. Von daher stammt demnach die Wortetymologie: «Bild, bilden, Bildung» im Sinne von «Gestalten».

«Der Mensch ist, was er als Mensch sein soll, erst durch Bildung.»

– Georg Wilhelm Friedrich Hegel

Idealbild vs. Realität

Im 18. Jahrhundert wurde diese theologische Norm vor dem Hintergrund der Idee der Aufklärung mehr und mehr verweltlicht, vermenschlicht und pädagogisiert. So denken heute die meisten von uns bei Bildung wohl als erstes an Schulen und Universitäten. 

Sie stehen für Orte, wo (aus)gebildete Menschen wertvolles Wissen an die nächsten Generationen weitergeben. Wo wir in unserer Kindheit und Jugend unser Rüstzeug erlernen, um später in dieser Welt bestehen zu können. Oder wo wir uns als Erwachsene fort- und weiterbilden und dadurch unseren gedanklichen Horizont und damit unser Bild von dieser Welt erweitern.

Zumindest wäre das wohl das Idealbild der perfekten Schule. Doch sieht die Realität oft anders aus und die Meinungen darüber, auf welche Art und Weise wir unseren Horizont weiterbilden sollen, gehen – gerade in der heutigen Zeit – häufig auseinander. 

Bilden heisst wachsen

Bildung geht weit über blosses Formalwissen hinaus. Durch sie gestaltet sich unser gesamtes Bild, das unser Bewusstsein von dieser Welt malt. Und nach diesem Bild, dieser gedanklichen Vorstellung in unserem Kopf, richten wir unsere Worte, unsere Taten und schliesslich unser Leben aus.

Bildung ist also der lebenslange Prozess, der das Lernen oder den Erwerb von Wissen, Fähigkeiten, Werten, Moral, Überzeugungen und Gewohnheiten ermöglicht, diese formt und lenkt. Seinen Verstand fortzubilden heisst demnach, als Mensch geistig zu wachsen. Sein Bewusstsein zu erweitern und zu lernen, was es überhaupt heisst, Mensch zu sein. 

Sich zu bilden heisst demzufolge auch, eine Vorstellung unseres Zusammenlebens sowie ein Bild davon zu haben, wie wir dieses Zusammenleben so gestalten können, dass es bestmöglich gelingt. Und das funktioniert nur, wenn wir dafür eine gemeinsame Idee, einen gemeinsamen Gedanken bilden, der uns als Vorbild für dieses Vorhaben dient. 

«Bildung ist die mächtigste Waffe, die du verwenden kannst, um die Welt zu verändern.»

– Nelson Mandela
Scroll to top